Der Kunde zahlt die Umsatzsteuer an den Leistungserbringer. Dieser führt die Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Er ist also Schuldner der Umsatzsteuer. Dies gilt innerhalb eines Landes sowohl wenn der Empfänger ein anderer Unternehmer ist als auch, wenn es sich um dabei eine private Person handelt. Sofern der Leistungsempfänger ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist, kann er sich die gezahlte Umsatzsteuer von seinem Finanzamt wiederholen.
Das Reverse Charge Verfahren stellt einen Sonderfall dieser Regelung dar. Bei der Anwendung des Reverse Charge Verfahrens geht die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger über. Der Gesetzgeber spricht in diesem Fall von einer Umkehr der Steuerschuld. Dieses Prinzip wurde mit der Einführung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs für alle europäischen Länder eingeführt. Die anderen europäischen Länder werden in diesem Fall als das übrige Gemeinschaftsgebiet bezeichnet.
Das Reverse Charge Verfahren kommt zwingend zur Anwendung, wenn der Liefergegenstand von einem europäischen Land in ein anderes gelangt und wenn es sich dabei um eine B2B-Lieferung handelt. Liefert ein Österreicher Waren an eine Privatperson in Deutschland, tritt der Regelfall ein. Der österreichische Unternehmer muss in der Rechnung die Umsatzsteuer ausweisen. Der private Kunde hat diese zu bezahlen. Liefert der Österreicher den Gegenstand in die USA, handelt es sich dabei um eine Ausfuhrlieferung, die steuerfrei ist. Nur wenn der Österreicher die Lieferung an einen Unternehmer in Deutschland oder einem anderen Land der Europäischen Union ausführt, wird der Vorgang nach den Vorschriften des Reverse Charge Verfahrens besteuert.
Die Regelungen des Reverse Charge Verfahrens fassen aber nicht nur bei Lieferungen Fuß, die in das übrige Gemeinschaftsgebiet getätigt werden. Auch sonstige Leistungen, die ein österreichischer Unternehmer für einen anderen Unternehmer im Ausland erbringt, müssen nach den Vorschriften des Reverse Charge Verfahrens behandelt werden. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein österreichischer Anwalt einen italienischen Unternehmer in Wien in einem Prozess vor Gericht vertritt.
Der Unternehmer ist Leistungserbringer
Liefert ein österreichischer Hersteller von Skiern an einen Skiverkäufer in München, handelt es sich für ihn um eine sogenannte innergemeinschaftliche Lieferung. Diese Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet der Europäischen Union ist für den österreichischen Unternehmer steuerfrei. Dies bedeutet für den Österreicher, dass er eine Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis erstellen muss.
Der Unternehmer ist Leistungsempfänger
Der Leistungsempfänger – in unserem Beispiel der Unternehmer in München – hat umsatzsteuerlich gesehen einen innergemeinschaftlichen Erwerb getätigt. Diesen innergemeinschaftlichen Erwerb muss er versteuern. Gleichzeitig kann er den Betrag – sofern er als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist – in seiner Umsatzsteuererklärung als Vorsteuer wieder geltend machen. Im Ergebnis kommt eine Umsatzsteuer von 0,00 Euro heraus.
Formale Voraussetzungen des Reverse Charge Verfahrens
Die formalen Voraussetzungen für die Anwendung des Reverse Charge Verfahrens betreffen insbesondere die Rechnungsstellung. Neben den allgemeinen Angaben zum Leistungserbringer und Leistungsempfänger, dem Lieferdatum und noch weiterer Kriterien, muss auf der Rechnung die Umsatzsteueridentifikationsnummer von beiden Unternehmern vermerkt sein. Die Umsatzsteueridentifikationsnummer ist nicht identisch mit der regulären Steuernummer. In Österreich ist für die Vergabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer das Finanzamt zuständig, das auch die reguläre Steuernummer für den Betrieb des Unternehmers erteilt. Darüber hinaus muss auf der Rechnung der Hinweis erscheinen, dass die Lieferung nach dem Reverse Charge Verfahren ausgeführt wurde.
Der leistende Unternehmer muss zudem einmal im Quartal eine sogenannte »Zusammenfassende Meldung« abgeben, in welcher alle innergemeinschaftlichen Lieferungen aufgeführt werden.
Welchen Zweck erfüllt das Reverse Charge Verfahren?
Mit der Einführung des Reverse Charge Verfahrens wollte die Europäische Union den Umsatzsteuerbetrug eindämmen. Findige Steuerbetrüger haben bis zur Einführung des Reverse Charge Verfahrens Rechnungen mit Umsatzsteuer an Unternehmen erteilt, die es in Wirklichkeit gar nicht gab. Nachdem die Vorsteuerbeträge geltend gemacht wurden, sind die erfundenen Unternehmen wieder verschwunden. Der Schaden, der dabei insgesamt zustande kam, umfasste mehrere Milliarden Euro.
Fazit
Das Reverse Charge Verfahren ist eine Sonderregelung im Umsatzsteuerrecht.
Es kommt immer dann zur Anwendung, wenn zwei Voraussetzungen gegeben sind.
Es handelt sich um eine B2B-Lieferung oder um die Leistung eines Unternehmers an einen anderen Unternehmer.
Der Liefergegenstand gelangt bei der Lieferung in ein anderes Land der Europäischen Union.
Der Leistungsempfänger führt eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, die steuerfrei ist.
Der Leistungsempfänger hat einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern. Die Umsatzsteuer kann er jedoch in gleicher Höhe als Vorsteuer geltend machen.
Im Ergebnis ergibt sich eine Umsatzsteuer von 0,00 Euro.
Damit das Reverse Charge Verfahren zum Zuge kommt, müssen auf der Rechnung die Umsatzsteueridentifikationsnummern von beiden Unternehmern stehen.
Kontaktieren Sie uns
Sind Sie noch auf der Suche nach einem neuen Büro dann kontaktieren Sie uns und machen Sie einen kostenlosen Probetag in einem unserer Büros oder in unserer Co-Working Area.
Kontaktieren Sie uns entweder per Mail an office@businesscenter.at oder unter +43 1 361 44 1000 oder füllen Sie einfach unser Anfrageformular aus.
Schreibe einen Kommentar